Zu Besuch bei Despina Apostolou. Die Wohnung ist sehr klein, der Flügel ist riesig und nimmt fast Hälfte des Raumes ein in dem wir das Interview führen. Und damit ist schon viel gesagt – über die Rolle, die der Flügel in Despinas Leben spielt.
Despina Apostolou ist in Thessaloniki geboren und hat dort das Konservatorium besucht. Damals gab es in Griechenland keine Hochschule für Musik. Despina hat fünf Jahre in Sofia die Musikakademie besucht und dort ihr Studium, Schwerpunkt Klavier, abgeschlossen. In Sofia konnte sich Despina Apostolou endlich ausschließlich dem Klavierspiel widmen. Weil sie zu viel und zu exzessiv geübt hat, hat sie sich eine Verletzung zugezogen. Lange Zeit war unklar, ob sie als Profimusikerin würde arbeiten können.
Vor 17 Jahren ist Despina nach Frankfurt gekommen und hat einen Aufbaustudiengang an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst absolviert. Es folgte eine Zeit, in der sie viel ausprobiert hat, in Graz gespielt hat, in Zürich, in Berlin und viel in Paris war... und letztendlich doch in Frankfurt geblieben ist. „Ich habe mich nicht sofort in Frankfurt wohlgefühlt. Frankfurt ist eine schwierige Stadt für Studierende.“ Findest Du das Frankfurt hart ist? „Die Kombination aus Finanzzentrum und Studentenleben ist ungewohnt. Auch die Situation an der Hochschule hat mir nicht gefallen, ich habe sie als unpersönlich empfunden. Aber Frankfurt hat sich positiv entwickelt!“ Auffällig ist ihrer Meinung nach, dass Hochschulen und Institutionen offener geworden seien und internationaler, sehr viel mehr auch interdisziplinäre Projekte entwickeln und eine viel größere Öffentlichkeit erreicht wird. „Die Musikszene hat einen anderen Charakter bekommen.“
Die berufliche Situation einer Pianistin ist speziell. Die Pianistin kann nicht danach streben, einen Platz in einem Orchester zu bekommen, wie z.B. eine Geigerin. Als Pianistin ist man auf Einzelengagements angewiesen. Pianisten sind Freelancer. Und nur wenige haben Manager, die für sie Konzertreihen organisieren. „Wir müssen verschiedene Berufe gleichzeitig ausüben, und das kostet Zeit und Energie. Meine Jobs bekomme ich über mein Netzwerk. Oder ich organisiere selbst Konzerte und Projekte und lade andere Musiker dazu ein.“
Despina unterrichtet auch. Mit vier Kollegen hat sie den Kulturraum Kronberg gegründet, dort möchten sie in Zukunft auch Veranstaltungen organisieren. Zudem hat sie Privatschüler, Kinder und Erwachsene. „Ich unterrichte gerne und ich kann Menschen begeistern.“
Doch das Klavierspiel ist nicht alles. In den letzten Jahren hat Despina, nicht nur in Frankfurt, zahlreiche interdisziplinäre Projekte initiiert. Derzeit arbeite sie mit ihrer Kollegin Monika Zyla an der Präsentation des Stückes Vexations von Erik Satie. Unter dem Titel Vexations: Revisited soll eine 24-Stunden-Performance, zunächst in Frankfurt, realisiert werden. 1893 komponiert, ist Vexations von Erik Satie eines der ersten Beispiele repetetiver Musik, und gilt als eines der längsten Stücke der Musikgeschichte überhaupt. Die Partitur besteht aus nur einer Seite und wird 840 Mal hintereinander gespielt. Vexations wurde 1963 von John Cage uraufgeführt.
Für Vexations: Revisited hat Alex Baumüller in enger Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen ein Bühnenbild entwickelt: einen Kubus, der von innen leuchtet. Ein installatives Element, man kann den Pianisten nicht direkt sehen. Das Projekt stellt viele Fragen. Interessiert, dass das Stück, über hundert Jahre alt, nichts von seiner Aktualität verloren hat. Es ist Konzeptkunst, 1893 geschrieben. Ein zeitloses Musikstück in doppeltem Sinne: Noch heute aktuell hat es weder Anfang noch Ende. „Ende des 19. Jahrhunderts, im Zeitalter der späten Romantik, war ein so schlichtes Stück sehr radikal.“ Vexations: Revisited ist ein großes Projekt, dass vom Kulturamt Frankfurt unterstützt wird. Aber es bedarf weiterer Kooperationspartner, Orte, Sponsoren. Nach Frankfurt sind Aufführungen in Athen, vielleicht in Warschau und in Berlin in Planung.
Ein weiteres Projekt, zusammen mit Sylvia Demgenski, ist die Gründung eines Musikerkollektivs zur Unterstützung und Förderung der Salon- und Hausmusikkultur und der Aufbau eines Netzwerks für die freie Musikszene in Frankfurt. Geplant ist, zunächst eine Konzertreihe zu entwickeln in Kooperation mit dem Archiv Frau und Musik und an privaten Orten eine verlorene Tradition der Hausmusik wieder aufleben zu lassen. „Unser Ziel ist ein Haus voller Proberäume für unser Netzwerk und Koordinationsstelle für eine Person. Das wäre super!“
Was bedeutet für Dich Erfolg? Despina lacht. „Für mich ist Erfolg, nach dem Konzert strahlende Gesichter zu sehen und leuchtende Augen.“ Auch finanzielle Sicherheit ist Erfolg. „Aber Menschen, die ein gutes Honorar bekommen aber dabei nicht glücklich sind, sind für mich nicht erfolgreich.“ Die strahlenden Gesichter geben ihr die Energie weiter zu machen.
Aber genau das ist auch der Motor für die künstlerische Kreativität. Der Fototermin mit Sandra Mann findet in der Orangerie am Günthersburgpark statt. Dort steht ein Flügel. Despina spielt. Dabei fällt auf, dass ihr Spiel sehr experimentell ist, Despina Apostolou bespielt den Raum, das Piano wird zum Objekt, das Konzert eine Installation.
Die Herausforderung viele Facetten zu haben und kontinuierlich gute Arbeit zu leisten